Fünf Gründe warum die deutschen Strompreise im EU-Vergleich so hoch sind

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Warum sind die deutschen Strompreise im EU-Vergleich so hoch?

EU-Energiekommissar Günter Oettinger malte in dem Magazin „Cicero“ ein Schreckgespenst an die Wand. Gelänge es der Bundesregierung nicht, den Energiepreis in erträglichem Rahmen zu halten, drohten soziale Spaltungen und die Deindustrialisierung. Ohne Zweifel ist der Strompreis sowohl für Privatverbraucher als auch für die deutschen Unternehmen angesichts der immer noch angespannten Wirtschaftslage ein entscheidender Faktor in der Budgetplanung.

Energiekosten © digitalpress, fotolia.com
Energiekosten © digitalpress, fotolia.com

Andere EU-Länder haben jedoch mit viel größeren Problemen zu kämpfen, und auch in punkto Technik und Forschung steht Deutschland im Vergleich nicht schlecht da. Warum zahlen die Deutschen dann die zweithöchsten Strompreise in der Europäischen Union? Wir geben Ihnen fünf Antworten:

1. Mangelnder Wettbewerb auf dem Strommarkt

Viele Nachfrager, wenig Anbieter – der Strommarkt ist ein klassisches Beispiel für ein Oligopol. Viele Jahre teilten die vier großen Energiekonzerne E.ON, EnBW, RWE und Vattenfall 80 Prozent des deutschen Marktes unter sich auf. Auch wenn die Atomkatastrophe von Fukushima für Bewegung bei den Verbrauchern gesorgt hat, dürfte sich an den Machtverhältnissen in absehbarer Zeit nicht sehr viel ändern. Der Nachteil liegt beim Stromkunden: Er muss die Strompreise, die ihm diktiert werden, akzeptieren. Zwar gibt es mehrere Hundert Stromanbieter in Deutschland, doch handelt es sich bei vielen lediglich um Vertriebstöchter der großen Konzerne.

Es liegt in der Natur eines Oligopols, dass der Markt durch die wenigen entscheidenden Unternehmen leicht zu steuern ist, auch wenn Absprachen kartellrechtlich verboten sind. Die Liberalisierung des deutschen Strommarktes 1998 sollte eigentlich zu sinkenden Strompreisen und mehr Wettbewerb führen, doch hat die Politik bis heute keinen verbindlichen Rahmen gefunden, um dieses Ziel zu erreichen.

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2. Zu wenig Stromwechsler

Mangelnden Wettbewerb zu beklagen und mit dem Finger auf die Energiewirtschaft zu zeigen, ist leider zu einfach. Die Verbraucher haben die Möglichkeit, an der Belebung des Wettbewerbs mitzuarbeiten. Heutzutage ist es einfacher denn je, mit Internet-Vergleichsrechnern Alternativen zu seinem Stromanbieter zu finden. Die sind in der Regel nicht nur preiswerter, sondern sorgen auf lange Sicht für einen härteren Preiskampf auf dem Strommarkt, sofern man sich für einen unabhängigen Anbieter entscheidet.

Die Kunden machen es ihren Versorgern in der Regel zu leicht, wenn sie klaglos ihre Stromrechnungen bezahlen, ohne sich über die Marktsituation zu informieren. Ein Wechsel trifft die Versorger an ihrer empfindlichsten Stelle, da ein verlorener Kunde keinen Umsatz mehr bringt und in den meisten Fällen so bald auch nicht mehr zurückkommt. Mit einem Wechsel schlagen Sie zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie dürfen sich in der Regel über günstigere Preise freuen und leisten einen Beitrag dazu, dass künftig ein Wettbewerb, der seinen Namen auch verdient, in Gang kommt.

3. Energiewende

Deutschland ist EU-weiter Vorreiter in Sachen Energiewende. Kein anderes Land hat sein Energiekonzept derart schnell und radikal über den Haufen geworfen und auf erneuerbare Energien gesetzt. Es gibt einige Einflussfaktoren, die dazu geführt haben, dass sich der Strompreis dadurch verteuert hat. Als Beispiel sei hier nur die EEG-Umlage genannt. Allerdings macht sie nur einen kleinen Teil des Strompreises aus:


Strompreise Deutschland mit EEG-Umlage – Bildquelle Agentur für erneuerbare Energien

Solange viele Fragen der praktischen Umsetzung der Energiewende noch offen sind, sollte man Schätzungen zu den Gesamtkosten, wie es sie in den letzten Monaten zuhauf gab, mit Vorsicht genießen. Auf lange Sicht müssen Gegner der Energiewende jedoch zwei Argumente berücksichtigen. Zum einen wird beim Vergleich der Atomindustrie mit den regenerativen Energien oft vergessen, alle Kosten gegeneinander aufzurechnen. Netz- und Kapazitätsausbau werden viel Geld kosten, aber von den Milliardenbeträgen, die beispielsweise für den Rückbau und die Suche nach Endlagern benötigt werden, ist seltener die Rede. Zum anderen werden das Know-how und die Erfahrungen, die Deutschland in den kommenden Jahren sammelt, der Wirtschaft später zugutekommen.

4. Falsche Geschäftspolitik

Die Entwicklung hin zu regenerativen Energiequellen ist nicht neu, auch wenn sie im laufenden Jahr einen überraschenden Schub aufgrund der Ereignisse in Japan erfahren hat. Die Energiekonzerne haben die Entwicklung möglicherweise unterschätzt oder schlichtweg verpasst. Nun scheint sich zu rächen, dass man mit der Atomkraft auf das falsche Pferd gesetzt hat. Aktuelle Meldungen über Stellenstreichungen im fünfstelligen Bereich sind eine Folge des massiven Sparkurses, mit dem die Fehlentscheidungen ausgebügelt werden müssen. Der Umbau der Konzerne wird viel Geld kosten, das im Zweifelsfall, wie in der Vergangenheit bereits auch, auf die Preise für den Verbraucher umgelegt wird.

5. Steuerlast

Zurück zu EU-Kommissar Oettinger. 48 Prozent des Strompreises gehen ihm zufolge auf politische Vorgaben zurück. Alleine Steuern, Abgaben und Umlagen sind für 40,7 Prozent der Kosten verantwortlich. Das ist der zweithöchste Wert in Europa:

Daher sieht Oettinger die Politik unter Zugzwang. Sie müsse dafür sorgen, dass das oben beschriebene Schreckensszenario nicht Realität wird. Vereinzelte Ausnahmen alleine, etwa für energieintensive Branchen, dürften da nicht ausreichen, zumal der EU-Kommissar darauf hinwies, dass solche Regelungen im Hinblick auf europäisches Wettbewerbsrecht unter Umständen nicht durchzusetzen seien. Konkret stellte er die Brennstoffsteuer zur Diskussion, da sie im Zusammenhang mit der nun hinfälligen Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke eingeführt worden sei.


Staatsanteil Strompreise in Europa Bildquelle BDEW

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3 Antworten to "Fünf Gründe warum die deutschen Strompreise im EU-Vergleich so hoch sind"

  1. Sie schreiben:
    „aber von den Milliardenbeträgen die beispielsweise für den Rückbau der und die Suche nach Endlagern benötigt werden, ist selten die Rede. „. Es ist deshalb selten die Rede 
    weil die Kosten für die Endlagerung und den Rückbau der KKW bereits aus den bisherigen KKW Strompreisen bezahlt sind . Ein Blick ins Atomgesetz statt hier grüne Propaganda nachzubeten hätte Ihen hier den begründeten Vorwurf der Lüge erspart.
    Auch der Satz: Aktuelle Meldungen über Stellenstreichungen im fünfstelligen bereich sind eine Folge des massiven Sparkurses mit dem die Fehlentscheidungen ausgebügelt werden müssen“ trifft nicht zu . Die Schieflage ist entstanden weil die Energieerzeuger langfristige Lieferverträge hatten auf der Basis des preisgünstigen Stroms aus KKW. Nach dem Beginn der fossilen Energiwende und dem Abschalten der KKW mussten dafür wesentlich teuere fossile Kraftwerke betrieben werdnen. Der Verbraucher wird  eben in Zukunft die Differenz aus dem günstigen KKW-Strom zum teueren fossilen Kraftwerk und zu den immensen EEG Abgaben (es gibt hier ca. 350 Mrd. Zahlungsverpflichtungen die it jährlich ca. 18 Mrd. abgestottert werden, das sind pro Haushalt ca. 500 Euro jährlich  ) zahlen müssen. Aber das zahlen doch alle gerne!

  2. Die KKW-Betreiber zahlen Gebühren für die Entsorgung, die den „geschätzen Kosten“ entsprechen.
    Die wirklichen Kosten sind aber viel höher, die Differenz zahlt der Steuerzahler.

    Beispiel Morsleben: Gebühren EVU 85 Mio Euro, tatsächliche Kosten 2,2 Mrd Euro
    Beispiel Asse: Gebühren EVU 2 Mio Euro, tatsächliche Kosten 2 bis 4 Mrd Euro

    Im Fall Asse wird das Lager als „Versuchslager“ bezeichnet, was bedeutet, dass der Staat für die Lagerung zuständig ist, weil es sich ja um einen Versuch handelt.

    Das heißt die Lügen und Tricksereien sind auf Seiten der KKW-Betreiber – ganz klar.

  3. Ich würde gerne wissen ob die politiker auch so ruhig bleiben würden wenn die lebensmittelpreise um 40% steigen würden und sich Lidl,Edeka,Aldi,Rewe usw absprechen würden .Was ich bei der Energiewende nicht verstehe ist ein was bringt das überhaupt wenn Franzosen Slowaken und Polen alle rundum Deutschland Atomkraftwerke im Betrieb haben.

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