Kohle statt Atomstrom: Umweltschädlicher Brennstoff erlebt Revival

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Kohle statt Atomstrom: Revival des Kohlestroms

Anbieter von Ökostrom konnten in diesem Jahr einen regelrechten Run auf ihre Produkte erleben. Nach dem verheerenden Unglück von Fukushima schwenkten viele Verbraucher um auf grünen Strom. Auch die Bundesregierung dachte um und beschloss mit der Energiewende den Ausstieg aus der Atomkraft.

Kühltürme © oli ok, fotolia.com
Kühltürme © oli ok, fotolia.com

Immer wieder wurden danach jedoch warnende Stimmen laut, dass die Stromreserven nicht ausreichen würden, wenn alle Kernkraftwerke einmal vom Netz gegangen sind. Eine Ansicht, über die Experten geteilter Meinung sind. Die Bundesregierung scheint die Sorge der „Angstmacher“ jedenfalls zu teilen und reagiert nun mit einer umweltpolitisch umstrittenen Maßnahme: Sie will den Neubau von Kohlekraftwerke fördern.

Der Widerspruch ist offensichtlich: Auf der einen Seite steht der Ausstieg aus der Atomkraft und die Absicht, die Produktion erneuerbarer Energien zu fördern. Auf der anderen Seite wird in den Umweltverschmutzer Kohle investiert. Bis 2013 sollen Kohle-Kraftwerke in Betrieb gehen, die bis zu zehn Gigawatt produzieren können.

Besonders paradox erscheint, dass die Bundesregierung laut einem Bericht des „Spiegel“ für dieses Vorhaben Geldquellen anzapfen will, die eigentlich für die Förderung von Ökostrom vorgesehen waren. Die Millionen an Subventionen für den Neubau von Gas- und Kohlekraftwerken sollen nämlich aus dem staatlichen Klimafonds kommen, der für die Gewinnung von erneuerbaren Energien eingerichtet worden war. Wie passt das zusammen?

Fünf Prozent des Klimafonds sollen abgezweigt werden

Das Bundeswirtschaftsministerium relativiert. Zwischen 2013 und 2016 sollen fossile Kraftwerke entstehen, die lediglich „mit fünf Prozent der jährlichen Ausgaben des Energie- und Klimafonds gefördert werden“, heißt es in einem Schreiben. In ganzen Zahlen bedeutet das: 2013 sollen bis zu 166,5 Millionen Euro in den Neubau der Kraftwerke investiert werden. 2014 sind es 163,5 Millionen Euro.

Kohle statt Atomstrom – das bedeutet aber nicht nur Investitionen in neue Kraftwerke. Auch alte Kohlemeiler sollen wieder angefeuert werden. Kritiker fragen sich nun zu Recht, wie man seine Ziele in Sachen Ökostrom erreichen will, wenn andererseits schon bald wieder die Schlote qualmen.

Energie-Engpass soll durch Kohlestrom vermieden werden

Doch die Befürchtung, in Energie-Engpässe zu geraten, wiegt schwerer als die Bedenken vor umweltschädlichen fossilen Brennstoffen. So hat die Bundesnetzagentur errechnet, dass bereits jetzt, nachdem acht der älteren Atomreaktoren – und damit knapp die Hälfte der 17 deutschen Atommeiler – abgeschaltet worden sind, nicht genügend Stromreserven vorhanden sind. Während der kommenden Winterperiode, wenn mehr Strom verbraucht wird, sollen daher sogar alte Atomkraftwerke bereit stehen, um eventuelle Stromlücken zu schließen.

Und der Flensburger Wirtschaftswissenschaftlers Olav Hohmeyer schreibt in einer Expertise zum Thema „Stromengpass“: „Kritiker werden nun argumentieren, dass durch den Ersatz der Restlaufzeiten der deutschen Kernkraftwerke durch alte Kohle- und Gaskraftwerke zusätzliche klimaschädliche CO2-Emissionen verursacht werden.“ Er nimmt diesen Einwand sehr ernst, hält jedoch die negativen Auswirkungen für das Klima für beherrschbar.

Der CO2-Ausstoß werde zwar vorübergehend ansteigen. Innerhalb weniger Jahre würde sich dieser zeitweilige Anstieg aber wieder ausgleichen lassen, wenn man schnell und nachdrücklich den Ausbau von grünem Strom in Angriff nehmen würde. Eine Komplettversorgung mit erneuerbaren Energien im Jahr 2030 hält der Experte für durchaus realistisch.

Ähnlich sieht dies das Umweltbundesamt. Auch dort sieht man „keine negativen Auswirkungen auf den Klimaschutz“, wenn wieder mehr Kohle gefördert wird. Der Plan, den Ausstoß des Treibhausgases CO2 bis 2020 um 40 Prozent zu senken, sei auch dann noch realistisch und umsetzbar.

BUND sieht Klimaschutzziele in Gefahr

Negative Auswirkungen für den Klimaschutz sieht dagegen der BUND. Für den BUND ist klar, dass wenn Deutschland seine Klimaziele erreichen will, muss die Bundesregierung den Neubau von Kohlekraftwerken schnell unmöglich machen. Kohlekraftwerke werden vom BUND als ineffizient und klimaschädlich eingestuft. Zumal Kohlekraftwerke auf eine sehr lange Nutzungsdauer von über vierzig Jahren ausgelegt sind und somit zu erheblichen klimaschädlichen Emissionen führen. Der BUND und zahlreiche Initiativen vor Ort wehren sich gegen Neubauten von Kohlekraftwerken


Übersicht geplante Kohlekraftwerke – Bildquelle Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)

Auch die Grünen sind von den Plänen der Bundesregierung nicht gerade angetan. Laut ihrer Ansicht dürfte Kohleabbau nicht staatlich gefördert werden. „Kohlekraftwerke sind klimaschädlich und zu unflexibel, um die Schwankungen der Erneuerbaren auszugleichen“, so der grüne Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer in der „Berliner Zeitung“.

Alles – nur kein Atomstrom?

Und was sagt die Bevölkerung zum Reizthema „fossile Brennstoffe“? Der scheint die neuerliche Hinwendung zur Kohle gar nicht so viel auszumachen. Laut einer Umfrage der „Leipziger Zeitung“ sahen die Deutschen Energiegewinnung aus Stein- und Braunkohle im April 2011 als positiver als rund ein halbes Jahr zuvor, im November 2010. Die Menschen hierzulande können offenbar eher mit klimaschädlichen Kohlekraftwerken leben als mit Atomstrom. Bleibt zu hoffen, dass man sich mit dieser Politik langfristig nicht größeren Schaden zufügt als dass es Nutzen bringt und die Erneurbaren Energien schneller ausgebaut werden.

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Eine Antwort to "Kohle statt Atomstrom: Umweltschädlicher Brennstoff erlebt Revival"

  1. Ich selbst bin ein großer Fan von  „Atomkraft? Nein danke!“ und sage daher, dass Atomkraftwerke abgeschaltet werden sollten!!!

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