Alles, was König Midas berührte, wurde der Legende nach zu Gold. Er steht damit als Sinnbild für die Gabe, aus Nutzlosem etwas Wertvolles machen zu können. Manch einer dürfte sich an die griechische Sagengestalt erinnert fühlen, wenn er sich mit dem Thema Biogas auseinandersetzt. Das ökologisch erzeugte Erdgas wird aus Abfallprodukten wie Gülle, Ernterückständen und dem Inhalt von Biotonnen gewonnen. Daneben spielt der Anbau sogenannter Energiepflanzen eine zunehmend große Rolle bei der Gasgewinnung.
Gewächse wie Mais und Rüben zeichnen sich durch eine hohe biologische Verwertbarkeit aus und eignen sich damit besonders gut für die Biogas-Erzeugung. Midas wurde mit seinem göttlichen Geschenk nicht glücklich, da sich auch sein Essen und Trinken in Gold verwandelte und er zu verhungern und verdursten drohte. Ganz ähnlich verhält es sich Kritikern zufolge mit dem Biogas, das neben der Windkraft derzeit die wichtigste regenerative Energiequelle in Deutschland darstellt.
Globale und lokale Probleme mit dem Biogas
Die Verlockung für manch einen Landwirt ist nämlich groß, wenn der Anbau von Energiepflanzen mehr Ertrag verspricht als die Erzeugung von Nahrungsmitteln. Die Folgen eines übermäßigen Verdrängungswettbewerbs wirken sich in zweifacher Weise negativ aus: Zum einen fallen Flächen, die zum Nahrungsmittelanbau genutzt werden könnten, durch den Anbau der Energiepflanzen weg. Zum anderen steigen die Rohstoffpreise durch das verknappte Angebot an Getreide, worunter in der Regel die Ärmsten der Armen besonders leiden. Wie empfindlich deutsche Verbraucher auf ethisch fragwürdige Energiequellen reagieren, hat man in jüngster Vergangenheit bei der Einführung des E10-Kraftstoffes und der Atomkatastrophe von Fukushima beobachten können.
Der „Stern“ berichtet über einen weiteren Nachteil dieser Form der Ackerbewirtschaftung. Der Anbau von Energiepflanzen in Monokulturen schade der Artenvielfalt. Auf lange Sicht haben es die Pflanzen außerdem zunehmend schwerer, sich gegen Schädlinge oder Unkraut durchzusetzen. In einem Interview mit dem „Brennstoffspiegel“ gibt ein Vertreter des Naturschutzbundes darüber hinaus zu bedenken, dass den Ackerflächen durch die Maispflanzen Kohlendioxid entzogen und in die Luft abgegeben werde. Dieses könne erst in zehn Jahren wieder gebunden werden.
Sind die Verwertungsanlagen zu groß angelegt, stellen sich weitere Herausforderungen. Neben der Geruchsbelästigung für die Anwohner, die die Betreiber mittlerweile jedoch einigermaßen in den Griff bekommen haben, muss der Nachschub für eine effiziente Nutzung der Anlage gesichert sein. Wird die Gülle oder die Maissilage dafür jedoch über viele Kilometer mit dem LKW herangeschafft, stellt sich schnell die Frage, ob die Erzeugung von Biogas in solchen Fällen tatsächlich so nachhaltig ist wie gewünscht.
Biogas ist weiterhin wichtige Stütze der Energiewende
Nach Angaben des Fachverbands Biogas wird damit gerechnet, dass sich die Zahl der Biogas-Anlagen im Jahr 2011 auf rund 7.000 mit einer installierten Leistung von zusammen 2.728 Megawatt erhöhen wird. Zum Vergleich: 2006 gab es erst halb so viele Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 1.100 Megawatt. Der Anteil von Biogas am Stromverbrauch würde damit innerhalb eines Jahres von 2,46 auf 3,10 Prozent steigen. Die Anlagenzahl übertreffen damit noch die Prognosen der Agentur für Erneuerbare Energien:
Biogasanlagen Deutschland – Bildquelle Agentur für erneuerbare Energien
Mehr als bei anderen regenerativen Energien sind bei Biogas sehr vielfältige Einflüsse in die finanzielle und ökologische Rechnung einzubeziehen. Reine Biogas-Tarife sind aufgrund der Erzeugungskosten derzeit kaum auf dem Markt zu finden. Der Anbieter Naturstrom immerhin hat einen Tarif mit 100 Prozent Biogas im Angebot, jedoch liegt der Preis pro Kilowattstunde nahezu doppelt so hoch wie bei einem ebenfalls angebotenen Tarif mit 10 Prozent Biogas-Anteil. Die Herstellungskosten von Biogas würden nach Angaben des „Brennstoffspiegels“ sogar etwa das Dreifache der entsprechenden Kosten bei Erdgas betragen.
Biogas wird auch zukünftig eine entscheidende Rolle bei der Energiewende spielen, sofern es gelingt, die Nachteile für Natur und Umwelt zu minimieren. Kleinere, dezentrale Anlagen und eine strengere Regelung, welche Stoffe zur Energiegewinnung beitragen dürfen und welche nicht, wären vielversprechende Lösungsansätze. Anders als beim Ökostrom werden sich Biogas-Tarife aber auf absehbare Zeit preislich nicht vollständig an konventionelle Gas-Tarife annähern. Allerdings darf man nicht vergessen, dass Erdgas ein fossiler Rohstoff ist. Je früher nach praktikablen Alternativen gesucht wird, desto entspannter kann man in die Zukunft sehen.
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