Ein Jahr nach Fukushima: Quo vadis Energiewende

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Fukushima: Ein Jahr danach

Ein Jahr ist seit dem Seebeben vor der japanischen Küste und der darauf folgenden Atomkatastrophe von Fukushima vergangen. Seitdem hat sich auch in Deutschland vieles verändert – an der Einstellung der Menschen gegenüber Atomstrom und auch auf politischer Ebene in Form der Energiewende. Bis Ende 2022 will Deutschland demnach komplett aus der Kernenergie aussteigen. Doch wie ist die Stimmung ein Jahr nach der Reaktorkatastrophe? Die Bilanz des Bundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE) fällt eher niederschmetternd aus.

Ökostrom aus Windkraft und Solaranlagen © visdia, fotolia.com
Ökostrom aus Windkraft und Solaranlagen © visdia, fotolia.com

Große Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit

„Statt den mutigen Ankündigungen zur Energiewende die entsprechenden Taten folgen zu lassen, blockiert die Bundesregierung den Umbau unserer Energieversorgung an entscheidenden Stellen“, lautet die Kritik von Dietmar Schütz. Der BEE-Präsident bemängelt, dass in der Politik eine große Kluft herrsche zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Das gelte „im Stromsektor, bei der Wärmeerzeugung, im Verkehr oder beim Thema Effizienz.“

So wurden Fördermittel drastisch gekürzt. Für Schütz ein Zeichen dafür, dass die Regierung die nach der Katastrophe von Fukushima angekündigten Veränderungen nicht wirklich mit Nachdruck verfolgt. Es gehe ihm nicht um Korrekturen der Vergütung, die gerade im Bereich der Photovoltaik vielleicht sogar notwendig waren, so Schütz, da auch die Marktpreise in der Zwischenzeit gesunken sind.

Herunterfahren von Förderprogrammen macht Verbraucher unsicher

Eher sei das Tempo sowie die Unvermitteltheit, mit der die Vergütung – teils auch rückwirkend – verändert wurde, das Problem, ebenso wie dass die vergütete Strommenge begrenzt wurde. Verbraucher werden in Sachen Planungs- und Investitionssicherheit in allen Bereichen der Erneuerbaren Energien stark eingeschränkt, wenn schon kurz nach der beschlossenen Energiewende Förderprogramme im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gekürzt werden. Jüngstes Beispiel hierfür: die Kürzung der Solareinspeisevergütung. Dass das Vertrauen der Bürger in die Regierungspolitik hierbei schwindet, liegt beinahe auf der Hand.


Solarkürzung 2012 – Bildquelle Bundesverband Solarwirtschaft

„Die Bundesregierung begründet ihre Schritte mit der Marktintegration der Erneuerbaren Energien“, so Schütz. „Nur verschweigt sie dabei beharrlich, dass das bestehende Marktdesign nicht mehr funktioniert und es die Refinanzierung notwendiger Investitionen nicht mehr ermöglicht – weder für schnell regelbare Gaskraftwerke noch für regenerative Erzeugungsanlagen oder Speicher.“

Auch die Industrie soll sich an Kosten beteiligen

Die notwendigen Investitionen müssten allerdings nicht ausschließlich aus öffentlichen Geldern getätigt werden. „Die Energiewende könnte mit deutlich geringeren Kosten organisiert werden, wenn der künftige Ausbau vor allem mit Hilfe von Windkraft an Land und stärkerer Kostenbeteiligung der Industrie vollzogen würde“, sagt Holger Krawinkel vom Bundesverband der Verbraucherzentrale laut „tagesschau.de“. Seiner Meinung nach müsse die Festlegung von Vergütungen für Erneuerbare Energien entpolitisiert und auf eine Behörde übertragen werden, an deren Entscheidungen auch die Verbraucherseite vertreten sei.

Vielleicht würde das mehr Bewegung in Prozesse bringen. Denn an der scheint es zu mangeln. Auch im Bereich der Wärmeenergie herrsche Stagnation, hat BEE-Präsident Schütz festgestellt. Für Ende 2011 war ein Erfahrungsbericht zum Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz angekündigt worden. Der Bericht liege immer noch nicht vor, kritisierte der BEE-Präsident im März 2012. Auch seien sich Bund und Länder immer noch nicht einig geworden in der Streitfrage um die steuerliche Förderung von Gebäudesanierungen. Hausbesitzer reagieren angesichts dieser offenen Fragen eher verhalten, wenn es um den Austausch eventuell veralteter Heizungsanlagen geht.

Zweifler und Bremser haben gesiegt

Mangelnde Beweglichkeit kann Hildegard Müller vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft indes nicht feststellen. Sie erkennt vielmehr, dass deutsche Energieunternehmen mit Hochdruck daran arbeiten, die nötige Infrastruktur für eine zuverlässige, langfristige Energieversorgung zu schaffen. „Gleichzeitig begreifen sie die Energiewende als Chance und suchen nach neuen Lösungen, Geschäftsfeldern und Dienstleistungen“, so Müller.

Den Elan, den die Energieunternehmen laut Hildegard Müller an den Tag legen, lässt die Regierung dagegen eher vermissen. „Der schwarz-gelben Koalition fehlt es offenbar an Kraft und Willen, den Umbau unserer Energieversorgung entschlossen anzugehen“, lautet Dietmar Schütz‘ Fazit. Nach den ersten guten Ansätzen des letzten Jahres haben sich mittlerweile die Zweifler und Bremser wieder durchgesetzt.“ Wenn dies so bliebe, werde die angestrebte Energiewende noch lange auf sich warten lassen.

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