Berlin – Auf die Verbraucher kommen im nächsten Jahr zusätzliche Stromkosten in Milliardenhöhe zu. Dies geht aus einer aktuellen Analyse des Bundesverbandes Neuer Energieanbieter (bne) hervor. Hintergrund ist einerseits eine undurchsichtige Regulierungspraxis der Bundesnetzagentur und insbesondere die verwässerte Verordnungsgrundlage. Dies kritisiert der bne ebenso wie der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Gemeinsam fordern sie eine transparente Regulierungspraxis und eine Verschärfung der sogenannten Anreizregulierung als gesetzliche Grundlage der Regulierung. Der vzbv fordert zudem die Einrichtung eines „Verbraucher-Anwalts“ zur Wahrung der Verbraucherinteressen in den Regulierungsverfahren.
Vor allem die fehlende Transparenz über die Entscheidungsgründe der Bundesnetzagentur stößt auf Unverständnis bei bne und vzbv. Die Anträge der Netzbetreiber, welches NNE sie für die nächste Periode beantragen, werden von den Netzbetreibern und der BNetzA ebenso geheim gehalten, wie die Genehmigungen selbst. Die daraus folgenden NNE werden viel zu kurzfristig veröffentlicht, teilweise sogar rückwirkend angepasst. Für Anbieter und Kunden ist nicht erkennbar, welche Zusatzkosten etwa in Folge der Wirtschaftskrise oder Netzausbau unvermeidbar sind und wo Reduktionsmöglichkeiten bestehen. „Diese Geheimhaltungs- und Verzögerungspraxis muss unverzüglich beendet werden“, fordert bne-Geschäftsführer Robert Busch. Nicht nachvollziehen können bne und vzbv unter anderem die Entscheidung des Regulierers, die Eigenkapitalzinssätze auf 9,29 Prozent heraufzusetzen. „Die Mehrkosten bezahlen am Ende die Verbraucher“, beklagt Holger Krawinkel, Mitglied der Geschäftsleitung des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen. Auf diese Weise würden die Stromkunden immer mehr um die Früchte der Regulierung gebracht.
Neben der Regulierungsbehörde kritisieren bne und vzbv den Gesetzgeber. Dieser habe mit einer „windelweichen“ Anreizregulierungsverordnung (ARegV) eine völlig unzureichende rechtliche Grundlage für die Netzregulierung geschaffen. Zum Beispiel weise die Orientierung am „effizientesten Netzbetreiber“ große Schwächen auf, indem nicht etwa „der Beste“ zur Bewertung herangezogen wird, sondern lediglich eine Gruppe von Besten – Ausreißer nach oben oder unten werden von vorne herein ignoriert. Weiter ist in der ARegV festgelegt, dass aus vier Effizienzergebnissen dasjenige ausgewählt werden kann, das für den Netzbetreiber am Günstigsten ist. Nach Ansicht von vzbv und bne ist eine Nachbesserung zu Beginn der neuen Legislaturperiode dringend erforderlich, um wirkliche Effizienz unter Netzbetreibern zu erreichen und weitere Kostenexplosionen zu verhindern. „Nur dann kann die BNetzA die Entgeltsteigerungen in den Griff bekommen und verhindern, dass sie im nächsten Jahr wieder auf dem Niveau von vor der Regulierung liegen“, sagt der bne-Geschäftsführer. Der vzbv bekräftigt zudem seine Forderung, die Wahrnehmung der Verbraucherrechte bei der Netzagentur verbindlich zu gestalten. Krawinkel: „Die Verbraucherorganisationen müssen stärker als bislang an den Entscheidungen der Regulierungsbehörde beteiligt werden.“
Quelle:Verivox, 18.09.2009 15:40